Juan Gabriel Vásquez
Roman. Aus dem kolumbianischen Spanisch übersetzt von Susanne Lange.
Verlag Schöffling & Co., Frankfurt/M. 2014, 293 Seiten, € 23,60
Kolumbien in den 1980er und 1990er Jahren. Ein ganzes Land leidet unter der Geiselhaft des größenwahnsinnigen Pablo Escobar, Chef des Medellín-Kartells und berühmtester Drogenhändler seiner Zeit, bis dieser Ende 1993 von seinen Verfolgern liquidiert wird. Ein Präsidentschaftskandidat, ein Justizminister und hunderte Polizisten, Beamte des Justizapparats und unbeteiligte Zivilisten waren Escobars Gewaltorgie zum Opfer gefallen.
Die Hinrichtung des sagenhaft reichen Drogenzars bedeutete auch für dessen großen Privatzoo das Ende. Der Tiergarten verkam, viele Tiere flüchteten, und vor allem die Nilpferde vermehrten sich rasch. Die medial stark ausgeschlachtete Tötung eines dieser tonnenschweren Säugetiere ruft im Autor, der sich im Buch als Universitätsprofessor Antonio Yamarra präsentiert, intensive Erinnerungen an Ricardo Laverde wach, einen Billardspielpartner, der einst ebenfalls in einem Kugelhagel sein Leben ausgehaucht hatte. Ein Attentat, bei dem der neben dem Opfer stehende Yamarra lebensgefährliche Verletzungen erlitten hatte. Die Erinnerungen quälen ihn Tag und Nacht, so dass er beschließt, sich auf Spurensuche nach dem Grund für den rätselhaften Tod von Laverde zu begeben. Diese Spurensuche zu Laverdes Leben und Tod wird nun so etwas wie eine Erkundungsreise über die Zeit der Gewaltexzesse durch Pablo Escobar. Mit literarischer Meisterschaft und hinreißender Erzählkunst führt der Autor den Leser, die Leserin durch diese dunkle Epoche der jüngeren kolumbianischen Geschichte. Wie ein Damoklesschwert schwebt der Drogenhandel über der Gesellschaft und nistet sich im Leben der Menschen ein, die er schließlich zerstört.
Mit Juan Gabriel Vásquez hat nun neben Jorge Franco nach García Márquez ein weiterer meisterhafter Erzähler die literarische Bühne Kolumbiens betreten. Kein Wunder, dass der 41-jährige Autor bereits mit wichtigen und hochdotierten Preisen ausgezeichnet wurde, wie 2011 mit dem spanischen Premio Alfaguara und Juni 2014 mit dem irischen Impac Literary Award. Vielleicht wird er auch der zweite Literaturnobelpreisträger des südamerikanischen Andenlandes.
Werner Hörtner
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